Pianist mit Temperament und klanglicher Sensibilität
Veröffentlicht am 02.10.2004
in Redaktioneller Eintrag
Pianist mit Temperament und klanglicher Sensibilität
Konzert von Andrej Korobejnikow in der KreuzkircheAndrej Korobejnikow. Bild: Drossel |
Gerade mal 18 Jahre alt ist der Moskauer Pianist Andrej Korobejnikow. Dennoch hat ihn seine Karriere bereits in viele Staaten der ehemaligen Sowjetunion, Europas und der USA sowie Indiens geführt. Etliche Klavierwettbewerbe hat er gewonnen.
Jetzt hat Korobejnikow seine alte Klavierlehrerin besucht, die seit fünf Jahren in Stuttgart eine neue Heimat gefunden hat und darum in der hiesigen Kreuzkirche einen Klavierabend gegeben. Das ermöglichte einem zahlreichen Publikum die Begegnung mit einem ganz großen Talent.
Das Programm des Abends zeigte schon auf, was diesem vielversprechenden Künstler wichtig ist. Seine stupende Technik ist ihm nicht Selbstzweck, vielmehr ein Hilfsmittel, in den Gehalt der von ihm interpretierten Werke einzudringen. Die an diesem Abend gespielten Werke seiner Landsleute Modeste Moussorgski, Rodion Schtschedrin und Peter Tschaikowski könnte man sämtlich als Hommage an Robert Schumann verstehen. Diese 'Kinderstücke' sind romantische Genrebilder, die mehr verlangen als pure Virtuosität.
In den acht Stücken von Moussorgski wechseln ganz nach Schumannschem Vorbild Volkston mit klanglich-rhythmischen Raffinessen ab. Erstaunlich, wie Korobejnikow diese Musik darbot, ebenso schlicht, wie temperamentvoll und klanglich differenziert. Schärfer pointiert dann Moussorgskis Lieder und Tänze des Todes, voller Spielwitz auch dessen temperamentvoller Gopak. Schulmusik im besten Sinne dann die drei Kinderstücke von Schtschedrin. Einfach bewundernswert wie da Rossinis Opernsprache persifliert und das 'Russische Geläut' zum Klingen gebracht wurden.
Bezaubernd auch die Wiedergabe der zwölf Stücke Tschaikowskis zu den Jahreszeiten, aus dem Jahr 1876. Der junge Pianist setzte die Stücke mit einer Leichtigkeit und klanglichen Sensibilität um, die nicht erkennen ließ, in welcher bedrängenden Umbruchsituation des Komponisten sie entstanden sind. Weil Sergej Rachmaninoffs drei Preludes opus 23 Virtuosität pur verlangen, ließ Korobejnikow jetzt ganz bewusst 'alle Zügel schießen'.
Da perlten die Läufe, da dröhnten die Akkorde. Kein Wunder, dass das Publikum fast aus dem Häuschen geriet.
Franzgerhard von Aichberger
Die Online-Publikation dieses Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Ludwigsburger Kreiszeitung