Strahlende Augen nicht nur in Indien

Veröffentlicht am 31.01.2010
in Redaktioneller Eintrag

Veröffentlicht am 31.01.2010

Strahlende Augen nicht nur in Indien

Marbacher Kinderärztin zu Gast an der Kreuzkirche


„Komm doch mal zu uns!“ forderte sie ein befreundeter Schriftsteller auf, und als Dr. Monika Gulembiewski vor 15 Jahren zum ersten Mal nach Bengalen in den Nordosten Indiens reiste, hatte sie wenig mehr als ihren medizinischen Notfallkoffer mit dabei. Aber die Not der Santals, Ureinwohner des Subkontinents, die als Reisbauern in einfachsten Verhältnissen auf dem Land leben, ging ihr zu Herzen. Die Stämme der Adibasi, wie die ältesten Volksgruppen Indiens auch genannt werden, leben wenig beachtet ganz am Rand der Gesellschaft. Ihr Leben ist einfach und primitiv. Mensch und Tier teilen in der Regel einen gemeinsamen Raum, und so sind vor allem viele Kinder an Tuberkulose erkrankt. Mangelnde hygienische Verhältnisse führen zu Wurmerkrankungen und Milzbrand; viele Menschen leiden an nicht behandelten Abszessen und Vereiterungen. Die Marbacher Medizinerin half, wo sie nur konnte, merkte aber bald: „Ich muss die Menschen besser kennen lernen und planvoll vorgehen.“



Ein- bis zweimal pro Jahr verabschiedet sie sich seit dem aus ihrer Marbacher Gemeinschaftspraxis und geht für mehrere Wochen ehrenamtlich aufs Dorf nach Indien. Zunächst hat sie die Lebensweise der Menschen dort ausführlich kennen gelernt und sich mit ihren Sitten und Bräuchen vertraut gemacht. „Das Wenige, das sie haben, teilen sie miteinander, und Gastfreundschaft wird ganz groß geschrieben. Schmerz ist ihr ständiger Begleiter, aber sie sind nicht unglücklich. Sie leben in einer großartigen Natur und suchen die Harmonie mit ihr.“

Schon bald brachte die Ärztin aus Deutschland einige Verbesserungen mit auf den Weg. Im Dorfteich wurde das Vieh getränkt, aber auch die Kinder gebadet. In der Folge litten viele von ihnen an Durchfall und Wurmerkrankungen. In Zusammenarbeit mit einem der wenigen Lehrer vor Ort wurde ein Theaterprojekt verwirklicht, in dem die Eltern von ihren Kindern über die Gefahren des Teichs aufgeklärt wurden – und ihn von nun an dem Vieh überließen. Dann drängte die Ärztin darauf, dass im Dorf gemeinsam Latrinen und Waschhäuser gebaut wurden, und damit besserte sich der allgemeine Gesundheitszustand merklich. „Gesunde Kinder haben einen Glanz in ihren Augen, der auch den Erwachsenen Hoffnung gibt!“

Die Entwicklungshelferin im Ehrenamt hat sich viel Zeit genommen, die Kultur und Lebensweise der Dorfbewohner kennen zulernen. Sie brachte die örtlichen Medizinmänner und Hebammen mit einem heilkundigen Jesuitenpater zusammen, und mit Hilfe eines botanischen Instituts entstanden bei einem mehrwöchigen gemeinsamen Seminar nicht nur jede Menge Salben, Öle und andere Medikamente, sondern auch ein Handbuch der örtlichen Kräuter- und Heilpflanzen, mit dem viele auftretende Krankheiten von den Betroffenen selber erfolgreich und kostenlos behandelt werden können. Auch auf Homöopathie sprechen die Dorfbewohner sehr gut an, und die Medizinerin ist immer wieder erstaunt, wie mit wenig Mitteln große Heilungserfolge erzielt werden können. Fasziniert ist die praktizierende Katholikin auch von der naturreligiösen Anschauung der Santal, dass in allem, was lebt, der große Geist wohnt. Er leitet alle dazu an, miteinander verbunden zu sein und füreinander zu sorgen.

Fast täglich ist die Ärztin von Deutschland aus in telefonischem Kontakt mit den einheimischen Mitarbeiterinnen ihrer Gesundheitsstation. Sie trägt mit ihrem Rat mit dazu bei, dass Kindern geholfen werden kann, deren Eltern sonst kein Geld hätten für eine medizinische Versorgung.
Zwischenzeitlich haben sich auch ich Sohn Nico Golembiewski als angehender Ingenieur und dessen Lebenspartnerin Silvi Mangatter in das Projekt mit eingeklinkt. In enger Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk der Vereinten Nationen konnte ein Ernährungsprogramm für Schwangere und für mangel- und unterernährte Kinder umgesetzt werden. Dabei wurden die Eltern angeleitet, Obst- und Gemüsegärten anzulegen. Dies hat zu einer wesentlichen Verbesserung der Ernährungsgrundlage im ganzen Dorf geführt.
Sohn Nico hat einen einfachen, aber gut funktionierenden Lehmbackofen im Dorf gebaut, durch den das Nahrungsangebot nun wöchentlich um Brot und Kuchen bereichert wird. Mit großzügiger Unterstützung von Würth-Solarenergy und der Bosch-Stiftung Primavera konnte er in den Dörfern auch Solarpanelle installieren. Nun ist es möglich, bei elektrischem Licht auch in den dunklen Abendstunden in den Versammlungshäusern zusammen zu kommen. Das nützen insbesondere die Schüler, die in nächtlichen Zusatzstunden gemeinsam nacharbeiten, was sie bei Tage in der indischen Schule in einer für sie zunächst fremden Sprache zu lernen vorgesetzt bekamen.

Viel Sorgfalt verwendet die ebenso bescheidene wie zielstrebige Ärztin auf ihr jüngstes Vorhaben: den Bau einer kleinen Kinderklinik vor Ort mit 16 Betten, einem einfachen Labor und angemessenem OP. Sie hat sich dazu mit anderen Hilfsorganisationen zusammen getan, und Ordensfrauen der Karmeliterinnen haben sich bereit erklärt, die Klinik zu betreiben. Der Grundstein für das indischen Marienhospital ist gelegt, und die Hälfte der notwendigen Bau- und Ausstattungskosten von € 70.000 ist durch zahlreiche Spenden auch schon eingegangen. Die Marbacher Ärztin wird im Februar wieder nach Indien fliegen und den Bau des Hospitals persönlich begleiten und beaufsichtigen. Sie sagt: „Wir haben den Kindern schon viel helfen können, und sie bringen zwischenzeitliche selber ihr Dorf mit voran. Der Lebensmut und die Freude der Menschen steckt uns mit an. Wir spüren: die Arbeit ist gesegnet!“
Mehr Informationen über die Arbeit in Indien von Dr. Monika Golembiewski im Internet unter www.shiningeyes.de


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